SCHOCKIEREND:
Unser Mediaspree versenken! Trailer

………………………………………



Recht auf Stadt für Alle!
Film von Akim El Ouardi

…………Danksagung……………
Wir danken dem Netzwerk Selbsthilfe
für die finanzielle Unterstützung



______ Kampagne ______


Nix für Turnbeutelvergesser!
Fahnen, Beutel, Tassen,T-Shirts...
SPREEUFER FÜR ALLE gibt es HIER!
………………………………………


Infos zur Plakatkampagne XXL
………………………………………


"Spreeufer für alle!" in der Presse

________ Links _________

www.wirbleibenalle.org
www.wba.blogsport.de
………………………………………

www.spreepiratinnen.blogsport.de
………………………………………
www.mietenstopp.blogsport.de
………………………………………

www.megaspree.de
………………………………………

Aktionsbündnis A100 stoppen!
Bürgerinitiative Stadtring Süd
(BISS)
………………………………………

 

www.sozialmieter.de
………………………………………

unverkäuflich

www.unverkaeuflich.org
………………………………………

ABRISSBERLIN

www.abriss-berlin.de
………………………………………
 www.berlinappell.blogsport.de

______ Filmclips ______


Hamburg-Gängeviertel Film:
Die Bespielung eines Viertels
……………………………………

MEGASPREE-Filmclip:
Wie sieht Berlin in 20 Jahren aus?
……………………………………

SpreeAktionstag 2012: Demo
……………………………………

Spreeparade 2011: ClipNo1
……………………………………

Spreeparade 2011: ClipNo2
……………………………………

Spreeparade 2011: ClipNo3
……………………………………

MEGASPREE-Parade 2010

……………………………………

MEGASPREE-Parade 2009
……………………………………

Spreeparade 2008
……………………………………

MEDIASPREE-VERSENKEN!-Filmclip:

sechs mal Mediaspree versenken!
……………………………………

Unser Beitrag zur
"30 Jahre taz Initiativen Gala"
im Haus der Kulturen der Welt 
……………………………………

FREUNDESKREIS-VIDEOCLIPS

Investorenbejubeln 2008
……………………………………

Versenker-Clip aus Barcelona:
Gemeinsame Aktion mit unserer Schwesterinitiative
……………………………………

Fotos von der Aktion mit dem
Forum zur Verteidigung der Barceloneta
……………………………………

A100-Filmclip:
Kleingartenträume

______ Stunde Null ______



Transgenialer CSD
Hier wurde Mediaspree versenken! gezeugt.

Die Stadtstrand-Guerilla

Eine Bürgerinitiative will das Spreeufer in der Mitte Berlins vor Bürotürmen retten. Sie kämpft gegen Investoren - und gegen die Grünen Von Marin Majica

(Berliner Zeitung 11.07.2008)

BERLIN. Wohnen am Wasser, darüber hat Carsten Joost schon vor elf Jahren nachgedacht. Vorgestellt hat er sich das damals so: ein Viertel mit 700 Wohnungen, Läden, Büros, Kneipen, drei Kitas und einem Stadtteilhaus für alle. Aus ihren Fenstern sollten die Bewohner auf einen Bootsanleger blicken. Und auf ein ehemaliges Hafenbecken, umgebaut zum Badesee. Mitten in Frankfurt am Main.

Carsten Joost muss lachen. Lang ist das her. Joost sitzt mit braungebranntem freien Oberkörper im Berliner Strandclub Yaam gegenüber vom Berliner Ostbahnhof. Es läuft Reggae, die Sonne scheint, an der Spree sitzen Leute im Sand.

Der Wasser-Stadtteil war die Architektur-Diplomarbeit des heute 42-Jährigen, entwickelt hatte er das Projekt für den Frankfurter Westhafen. Direkt nach dem Diplom zog Joost 1997 nach Berlin, beschäftigte sich mit dem Tacheles, dem Schlossplatz, dem Palast der Republik. In Frankfurt entstand am Westhafen tatsächlich ein neuer Stadtteil - mit Bürogebäuden wie dem Westhafentower und Luxus-Wohnungen auf der privatisierten Mole. Joost hatte das Areal allen zugänglich machen wollen.

Wasser, Wohnen, Hochhäuser, Investoren - die Themen sind für Carsten Joost im Moment wieder dieselben. Joost ist Mitbegründer der Initiative "Mediaspree versenken". Sie hat in nur fünf Monaten 16 000 Unterschriften gesammelt und mit einem Bürgerbegehren erreicht, dass es am Sonntag im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg einen Bürgerentscheid gibt. Die Bewohner sind aufgerufen, darüber abzustimmen, was mit den 3,5 Kilometern Ufergrundstücken entlang der Spree zwischen Elsenbrücke und Michaelbrücke geschehen soll.

Zu entscheiden ist: Soll es an der Spree einen 50 Meter breiten Grünstreifen geben, aber keine neue Autobrücke und auch in Zukunft keine Hochhäuser, wie die Initiative das fordert? Oder soll das 180 Hektar große Gebiet, lange Industrieareal, später Grenzstreifen, erst nach 1990 zaghaft entdeckt, unter dem Namen "Mediaspree" zu einem Vorzeige-Büroviertel werden?

Es ist eine städtebauliche Frage. Aber sie steht für weitere Fragen, und die betreffen das Leben in der ganzen Stadt. Braucht Berlin weitere Bürogebäude an der Spree, wenn im nahe gelegenen Allianz-Turm oder im Energieforum am Ostbahnhof der Vermietungsstand nur bei 80 Prozent liegt? Will man, dass auch hier die immergleichen, gesichtslosen Glas-Stahl-Bürotürme errichtet werden? Wie wichtig sind die Strandbars, die sich am Spreeufer angesiedelt haben, das Yaam, die Bar 25, das Kiki Blofeld, der Oststrand? Orte, wie es sie anderswo nicht gibt, die zu Markenzeichen für die Stadt geworden sind. Will Berlin noch solche Nischen?

Über die Antworten wird seit Jahren gestritten, seit einem Jahr läuft das Bürgerbegehren. Es hat eine gewisse Ironie, dass in diesem Konflikt, der alle Zutaten einer typischen Berlin-Geschichte hat, der Hauptgegner der Bürgerinitiative ausgerechnet der Bezirksbürgermeister Franz Schulz und seine Partei sind. Die Grünen.

"Mediaspree versenken", für diese Initiative engagieren sich rund 40 Menschen. Anwälte, Stadtplaner, Studenten, aber auch Arbeiter. Der 30 Jahre alte Daniel Knopp, mit dem Joost einen Großteil der Organisationsarbeit macht, ist Politologe. Sich selbst nennt Joost "freischaffender Architekt auf Hartz-IV-Basis". Das Geld, das er vom Staat bekommt, versteht er als Auftrag, sich stadtpolitisch zu engagieren. Gegen den Ausverkauf des Stadtraumes an Investoren, gegen steigende Mieten, gegen mehr Verkehr, für lebenswerte Wohngebiete. Nach dem der Abriss vom Palast der Republik beschlossene Sache war, hat sich Joost dem Spreeumbau zugewandt. Außerdem wohnt er im Bezirk.

Auf sich aufmerksam gemacht hat die Initiative immer wieder mit Guerilla-Aktionen, gewissermaßen aus dem Geiste des Stadtstrands. Vor einigen Tagen haben die Aktivisten in Schlauchbooten, Kajaks und anderen Wassergefährten eine Dampfer-Rundfahrt von vermeintlichen Spreeinvestoren behindert. Lustig sah das aus, erfolgreich war es auch. Die Investoren drehten an der Bezirksgrenze ab. Am Mittwoch sind die Stadtstrand-Guerilleros in weißen Kitteln als "Spreeuferrettungsdienst" an der Werbetafel der neuen O2-Arena aufgetreten. Sie hassen diese Werbetafel, weil sie so groß ist und so hässlich und Tag und Nacht blau leuchtet.

"Träume", nennt Franz Schulz den Grünstreifen und die kleinen Hütten am Wasser, die die Initiative sich für die Spreegebiete vorstellt. Träume, das meine er positiv. "Stadtplanung wird nicht nur mit Fakten gemacht", sagt Schulz in diesen Tagen, wenn man ihn auf Carsten Joost und die anderen anspricht. Schulz hat das Gefühl, einigen Träumen schon gefolgt zu sein. Der Bezirk hat eine weitere Grünanlage in die Pläne aufgenommen.

Aber Schulz sagt auch, was alle Parteien im Bezirk in der Vergangenheit gesagt haben: Die Träume der Initiative könnten teuer werden. Würden wirklich 50 Meter am Ufer freibleiben, müssten die Besitzer der Grundstücke und Investoren entschädigt werden. Das könne 165 Millionen Euro kosten oder mehr und den Bezirk ruinieren.

Die Initiative sagt, diese Summe sei viel zu hoch angesetzt. Viele der mitberechneten Grundstücke seien längst bebaut oder gehörten landeseigenen Betrieben. 50 Millionen Euro Entschädigungen könnten höchstens anfallen - wenn die Investoren überhaupt klagen.

So stehen sich Grüne und Aktivisten gegenüber. Aktivisten, die sonst wahrscheinlich die Grünen wählen. Da kommt es mitunter zu komischen Szenen. Zum Soli-Konzert für "Mediaspree versenken" im Yaam erscheint auch der grüne Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele und wirbt für einen Kompromiss. Seine Mitarbeiterin Katrin Schmidberger hat vor zwei Jahren noch selbst eine Initiative gegründet, gegen den ersten Kreuzberger McDonald's. Jetzt ist sie gegen "Mediaspree versenken" und diskutiert im Yaam mit den Aktivisten heftig über die Rolle der SPD. Denn die ist im Bezirk kurz vor dem Bürgerentscheid auf die Seite der Investoren-Feinde gewechselt.

Es ist eine Situation, in der sich Christian Meyer eigentlich zurücklehnen könnte. Keiner spricht mehr von ihm und seinem bösen Verein. Der 45-jährige Geschäftsführer des Projektmanagements Mediaspree e. V. beginnt trotzdem sofort mit der Verteidigung. "Mit den Planungen haben wir doch nichts zu tun", sagt Meyer in seinem Büro direkt neben dem Yaam. Meyer trägt an diesem Tag ein kariertes Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln. Abgebrühte Großinvestoren stellt man sich wirklich anders vor.

Der Verein, größtenteils finanziert mit Geld von Bund und Land, wirbt für den Standort. Meyer entwickelt die "Darstellung städtebaulicher Potenziale". So sagt er das. Er hat alle Investoren nach ihren Planungen im Spreegebiet gefragt und die Antworten in Computer-Simulationen gebündelt. Von ihm stammen die Bilder der schönen neuen Spree-Welt. Dass er sich damit so unbeliebt machen würde, hat er nicht erwartet.

Mediaspree, das ist für den Stadtplaner Meyer eine Erfolgsgeschichte. Universal, MTV, Verdi, BASF, O2-World, die Modefirma Labels Berlin, alle sind an die Spree gezogen. Das Yaam-Gelände wurde gerade an ein spanisches Konsortium verkauft. Wer genau dahinter steckt, weiß er noch nicht. "Aber überall, wo bisher investiert wurde, sind die Uferbereiche der Öffentlichkeit geöffnet worden", sagt Meyer. Ohne Eintritt, ohne Türsteher wie etwa in der Bar 25.

Wie das aussieht, ein Uferweg nach Investorengeschmack, führt Meyer auf der Rückseite des Bürogebäudes vor. Es gibt einen bepflanzten Streifen, einen vielleicht zwei Meter schmalen Weg, dann kommt der Zaun. "Na ja, das ist jetzt kein optimales Beispiel", sagt Meyer. Ein bisschen breiter könne so ein Uferweg schon sein. "Aber warum 50 Meter? Warum?"

Die öffentliche Förderung der Mediaspree-Lobbyisten läuft Ende August aus. Über die weitere Finanzierung wird gesprochen. "Auch wenn es uns nicht mehr gibt, der Prozess geht weiter", sagt Meyer. Er steht am Zaun, auf der Spree fahren Schiffe vorbei. Es riecht nach Wasser. Auf der anderen Spreeseite liegen der Viktoriaspeicher, ein Papierlager und das Gelände der Firma Dämmisol, das demnächst frei wird. Möglichkeiten, Zukunft. "Der Bürgerentscheid wird langjährige Planungen nicht aushebeln. Insofern wird viel zu viel Tohuwabohu darum gemacht", sagt Meyer.

Das sehen die Leute in Friedrichshain-Kreuzberg offenbar anders. Bereits 7 000 hatten bis Mittwoch per Brief abgestimmt. Nötig für einen Erfolg der Initiative ist die Beteiligung von mindestens 15 Prozent der Wahlberechtigten, das wären knapp 28 000, und eine einfache Mehrheit für ihren Vorschlag.

Ein Abend wenige Tage vor dem Bürgerentscheid. Showdown. Als Ort dafür haben sich Carsten Joost und Bezirksbürgermeister Franz Schulz die Dathe-Oberschule in Friedrichshain ausgesucht, sie liegt gleich hinter der O2-Arena. Vor der Tür sind das ehemalige Heizkraftwerk, in dem der Club Berghain residiert, ein denkmalgeschütztes Gebäudegerippe, ein wilder Grünstreifen namens "Wriezener Freiraum Labor". Ein guter Ort für eine Debatte über Stadtumbau.

Rund 50 Leute sind gekommen, Schulz darf anfangen. Er schildert die Spreeraum-Planung seit den Neunzigerjahren, den Ankauf von Grundstücken hinter der East Side Gallery, wo Parks angelegt werden. Es klingt, als habe der kleine Bezirk viel Geschick aufgewendet, den mächtigen Investoren diese Grundstücke abzuringen. Um das zu erreichen, was auch die Initiative fordert: die Öffnung des Spreeraums.

Dann ist Joost dran. Er zeigt Karten, Simulationen von mehr oder weniger schönen Bürotürmen. Am Anfang schaut Schulz noch amüsiert, später räuspert er sich. Ein Vertreter von einem Ausschuss erläutert energisch die Zwänge des Bezirkes. Manche Leute im Publikum werden laut, von Zwängen wollen sie nichts hören. Eine Frau sagt, Zukunftsmusik sei ihr lieber als Beton. Eine andere sagt, sie fürchte sich vor steigenden Mieten. Am Ende lobt selbst Joost die Ankündigung des Bezirks, an der Schillingbrücke eine Grünfläche anzulegen. Wenn der Senat als Besitzer denn mitspielt.

"Es ist sich ja niemand spinnefeind", sagt Schulz nach der Diskussion, er hat sich auf die Bierbank vor einem Dönerladen an der Warschauer Straße gesetzt. Nach dem Sommer treffen sich alle ohnehin in einem Sonderausschuss zum Thema wieder, sagt Schulz und zündet sich eine Zigarette an. Mediaspree, das sei das erste Thema, bei dem sich Friedrichshainer und Kreuzberger als Bewohner eines gemeinsamen Bezirks begreifen.

Schulz müsste Carsten Joost also fast dankbar sein. Der Bürgermeister lacht und murmelt etwas von einer "Bezirksmedaille" in den Rauch seiner Zigarette. Dann wird er wieder ernst. Die Gefahr sei doch, dass der Senat das Thema an sich zieht. "Und ich habe den Eindruck, dass viele Investoren denken, beim Senat wären sie besser aufgehoben." Es wäre das Ende der Chance, den Bezirk selbst zu gestalten, sagt Schulz in die Nacht. Dann macht er sich auf den Weg über die Oberbaumbrücke, nach Hause. Über die Spree, vorbei an den Ufern, an denen so viel passieren könnte.