Versenken und VersinkenTeure Änderungen am Mediaspree-Projekt. Kosten trägt das Bezirksamt Von Karin Schmidl, Jan Thomsen (Berliner Zeitung, 16.07.2008) Nach dem Bürgerentscheid gegen das Bauprojekt Mediaspree in Friedrichshain-Kreuzberg geht es jetzt um viel Geld: Die Investoren, die unter anderem Büro- und Hotelbauten auf dem 180 Hektar großen Spreeufergelände planen, wollen mögliche Entschädigungsforderungen in Kürze genauer beziffern. Schon jetzt zeichnet sich ab: Wenn sie die Projekte nicht so bauen können wie geplant, könnte es für die öffentliche Hand sehr teuer werden. Am Freitag wollen zwölf Grundstückseigentümer der Mediaspree ein Anwaltsbüro damit beauftragen, ihre Schadensersatzansprüche genau aufzulisten. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hatte aufgrund eigener Berechnungen von rund 165 Millionen Euro gesprochen. Ob dies reicht, ist offen.
Verhandeln will kein Investor Gegen die ihrer Ansicht nach "zu dichte und zu hohe Bebauung" auf dem Areal hatten während des Bürgerentscheids am vorigen Sonntag fast 87 Prozent der Abstimmenden votiert. Sie verlangen einen 50 Meter breiten unbebauten Uferstreifen und den Verzicht auf weitere Hochhäuser. Bislang erklärte sich aber kein Investor bereit, sich nachträglich auf Planungsänderungen einzulassen. Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) hatte dies allerdings als Ziel künftiger Verhandlungen bezeichnet. Andernfalls müssten die Baupläne vom Amt geändert werden. "Wir gehen insgesamt von weit mehr als 165 Millionen Euro aus", sagt Peter Sauter von der Nippon Development Corporation. Die Firma baut im Osthafen ein 383-Zimmer-Hotel, die Baugrube wird gerade ausgehoben. Obwohl er nicht mehr mit Umplanungen rechnen muss, fühlt sich Sauter betroffen: "Wenn unser Hotel auf einer Brache eröffnet wird, weil ringsum über Planungsänderungen diskutiert wird, ist das ein Standortnachteil." Der Sprecher des Investorenvereins Mediaspree Christian Meyer nennt dies einen "Vertrauensschaden": Investoren vertrauten auf die zügige Aufwertung von Nachbargrundstücken durch Neubauten, was sich jetzt mindestens verzögern werde. Auch Jürgen Kilian, der am Stralauer Platz ein Hotel und ein Bürohaus bauen lassen will, rüstet sich für die Verhandlungen im Amt: "Beide Gebäude sollen quer zur Straße gebaut werden, mit Durchgängen zum Wasser und der geplanten zehn Meter breiten Uferpromenade." Verordnete Umplanungen, um etwa einen freien 50-Meter-Uferstreifen zu erlangen, würden "sehr, sehr teuer." Betroffen sind auch landeseigene Unternehmen. Die Behala, die am Osthafen fast alle Grundstücke verkauft hat und auch das Viktoriaspeicher-Gelände an der Schillingbrücke veräußern soll, gehört ebenso dazu wie die Stadtreinigung BSR, die an der Holzmarktstraße für ihr Projekt Spreeurban einen Investor sucht. Die BSR wollte sich gestern nicht zu den Folgen des Entscheides äußern. Behala-Chef Peter Stäblein sagte: "Ich habe den Auftrag, Grundstücke mit maximalem Gewinn zu verkaufen. Wenn das Land als Gesellschafter jetzt etwas anderes will, muss es das klar sagen." Durch die aktuellen Unwägbarkeiten werde es zunehmend schwierig, Grundstücke an den Markt zu bringen: "Niemand kauft, wenn er nicht weiß, was er dort machen darf." Auch der Chef des Liegenschaftsfonds, Holger Lippmann, sagte: "Ohne Planungssicherheit ist jedes Gelände unverkäuflich." Land will nichts bezahlen Dennoch forderte Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei) von den landeseigenen Betrieben bereits die Bereitschaft zu Verhandlungen. "Die landeseigenen Unternehmen müssen sich aktiv an der Diskussion beteiligen und reflektieren, was der Bürgerwille ist", sagte Wolf gestern. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) stellten gestern klar, dass das Land nicht für mögliche Entschädigungszahlungen aufkomme. "Wir werden dem Bezirk nicht den Gefallen tun, ihn aus der Verantwortung zu entlassen", sagte Wowereit. Die geplanten Verhandlungen mit den Investoren lägen "komplett" in der Verantwortung des Bezirks, betonte auch Junge-Reyers Sprecherin Manuela Damianakis. Sollten Entschädigungen fällig werden, "dann zahlt der Bezirk alles", fügte sie hinzu. Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) hatte neue Belastungen für den Bezirk dagegen abgelehnt.
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