Lokales, Berlin
Single-Haushalte brauchen immer mehr Platz Laut Gutachten werden Wohnungen von 2014 an knapp
Es bleibt nicht mehr viel Zeit. "Ab dem Jahr 2014 droht in Berlin eine neue Wohnungsknappheit." Davor warnte gestern Frank Bielka, Chef der Wohnungsbaugesellschaft Degewo. Die Zahl der Haushalte in Berlin werde bis 2014 soweit wachsen, dass dann kaum noch freie Wohnungen zu haben seien. Deswegen müsse jetzt der Neubau von Wohnungen angekurbelt werden.
Ähnlich wie der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) schlägt Bielka vor, dass das Land Berlin den Wohnungsunternehmen kostengünstiges Bauland auf dem Areal des stillgelegten Flughafens Tempelhof überlässt. Dadurch könnten die Mieten in den dort geplanten Neubau-Wohnungen reduziert werden. Die Entscheidung, den Wohnungsneubau anzukurbeln, müsse jedoch bald fallen, mahnte Bielka. Schließlich brauche die Planung und der Bau neuer Wohnungen Zeit.
Dass in Berlin die Wohnungen knapp werden, liegt daran, dass die Zahl der Einwohner seit einigen Jahren wächst. Zugleich verkleinert sich die Zahl der Personen pro Haushalt - und es werden nur noch wenig neue Wohnungen gebaut. Zwar gibt es nach Angaben der Senatsverwaltung für JStadtentwicklung aktuell noch rund 103 000 leerstehende Wohnungen in Berlin. Doch ist nur ein Teil davon wirklich vermietungsfähig. Nach einer Untersuchung des Gewos-Instituts gab es im Jahr 2008 in Mehrfamilienhäusern lediglich einen "Angebotsüberhang" von 56 000 Wohnungen. Diese Zahl freier Wohnungen werde sich bis zum Jahr 2014 auf 9 000 Wohneinheiten verringern, prognostiziert Gewos. Für eine Stadt wie Berlin mit rund 1,89 Millionen Wohnungen reicht das als notwendige Umzugsreserve kaum noch aus, zumal die Nachfrage nach Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern bis 2014 größer ist als das Angebot. In diesem Segment fehlen laut Gewos in vier Jahren rund 4 000 Wohneinheiten. Unterm Strich verbleiben dann folglich nur 5 000 freie Wohnungen.
Auffällig: Die Zahl der Haushalte ist in den vergangenen Jahren schneller gewachsen als die Zahl der Einwohner. Während die Zahl der Einwohner von 3,38 Millionen im Jahr 2000 um rund 45 000 auf 3,43 Millionen im Jahr 2008 stieg, nahm die Zahl der Haushalte in der gleichen Zeit um rund 159 000 zu. Der Anstieg der Haushalte ist darauf zurückzuführen, dass immer weniger Personen in einem Haushalt leben. Vor allem die Zahl der Single-Haushalte steigt. Sie nahm laut dem Wohnungsmarktbericht der Investitionsbank Berlin (IBB) von 1999 bis 2008 um 22,9 Prozent auf 1,05 Millionen zu. Die Zahl der Zweipersonenhaushalte stieg immerhin um vier Prozent. Über die genauen Ursachen kann laut dem IBB-Bericht nur gemutmaßt werden. Neben der zunehmenden Individualisierung und dem Trend zu kleineren Familien dürfte auch die Abwanderung junger kinderreicher Familien ins Umland eine Rolle spielen, heißt es. Aber auch der demografische Wandel macht sich bemerkbar: Infolge verlängerter Lebenserwartung gibt es immer mehr kleine Seniorenhaushalte.
Schon seit geraumer Zeit deutet sich an, dass Wohnungen in Berlin knapp werden. So hat sich der Leerstand von Wohnungen in der City immer weiter verringert. Vor allem kleine Wohnungen sind schwer zu kriegen. Die Degewo liegt ganz im Trend. Die Zahl der leerstehenden Wohnungen hat sich bei ihr aktuell auf 3,8 Prozent verringert.
Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) hält den Wohnungsneubau in Berlin offenbar nicht für dringlich. Nach wie vor gebe es angemessen viele leerstehende Wohnungen, sagte ihre Sprecherin gestern. Hauptauftrag der landeseigenen Wohnungsunternehmen sei es, bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Mittelfristig werde man aber einen Neubau sicher nicht ausschließen.