Lächelkurs für Kartenabreißer |
In zwei Wochen ist Baubeginn für die O2 World am Ostbahnhof / Die Arena bekommt 55 Suiten Karin Schmidl
Was haben ein Tennisball von Boris Becker, das WM-Shirt von Jürgen Klinsmann und eine von Arnold Schwarzenegger signierte Flagge des US-Staates Kalifornien gemeinsam? Über ihnen wird die Arena O2 World der Anschutz Entertainment Group (AEG) am Ostbahnhof gebaut. Die Geschenke sowie Souvenirs weiterer Prominenter wurden gestern bei der Grundsteinlegung für die Multifunktionshalle versenkt. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) legte noch einen blauen Buddy-Bären in die Box, und Schauspielerin und O2-Werbe-Ikone Veronica Ferres tat ein Drehbuch dazu. Anfang Oktober ist Baubeginn für die Arena, in der vom Herbst 2008 an bis zu 17 000 Besucher Platz finden sollen. Von Eishockey über Basketball bis zu Kongressen und Konzerten soll dort alles möglich sein. Der Investor AEG verspricht Berlin die modernste Multifunktionshalle Europas und mehr als 100 Veranstaltungen jährlich. Die Halle sollte eigentlich schon in diesem Jahr fertig sein, doch die Finanzierung der 150-Millionen-Euro-Investition gestaltete sich schwieriger als gedacht: Ein Großteil des Geldes, das der US-Milliardär Phil Anschutz ausgibt, muss refinanziert werden - etwa über den Verkauf der Namensrechte und die Vermietung von 55 Entertainment-Suiten. Wie viel das Unternehmen O2 mit dem Erwerb der Namensrechte dazu beiträgt, will keiner der Partner sagen. Insider sprechen von einer hohen zweistelligen Millionensumme. Klar dagegen ist, dass von den 55 Suiten bislang 30 vermietet sind. Bis zu 175 000 Euro lassen sich die Mieter - es sind ausschließlich Unternehmen - diese Exklusivität jährlich kosten. In den jeweils 52 Quadratmeter großen, mit edlen Hölzern, schwarzem Leder und viel Naturstein ausgestatteten Suiten kann man separat Geschäfte machen, feiern oder einfach von einem Balkon aus der vierten Etage dem Geschehen in der Halle zusehen. Zwischen dem Ober- und dem Unterrang sind die Suiten wie ein Band nebeneinander angeordnet. Dass die Arena notwendig für Berlin sei, sagte gestern Klaus Wowereit: "Viele Konzerte und Sportereignisse sind an der Stadt vorbeigegangen, weil wir so etwas hier nicht haben." Er verwies auch darauf, dass auf dem rund 20 Hektar großen AEG-Gelände am Ostbahnhof, das doppelt so groß ist wie der Potsdamer Platz, neben der Halle noch ein Entertainment-Viertel sowie weitere Bauten folgen sollen - wenn es denn Investoren gibt. Dass zu Beginn der Grundsteinlegung ein paar junge Leute mit Plakaten und Trillerpfeifen gegen "Kommerzialisierung und Konzernjunkies" protestierten, nannte Wowereit unverständlich: Schließlich würden mit der Halle Arbeitsplätze geschaffen. Bis zu 1 500 Jobs sollen im Umfeld der O2 World entstehen, wie AEG-Manager Detlef Kornett sagte. Mit dem Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg verhandele man derzeit über die Vermittlung von Arbeitslosen aus dem Bezirk. Erste Anforderung an die künftigen Mitarbeiter: Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft, Service. Kornett: "Wir organisieren auch Kurse, so genannte Lächel-Kurse, in denen Servicebereitschaft trainiert wird." Nicht nur auf der Bühne, auch beim Kartenabreißen oder Pommes-Verkauf: Zum Entertainment gehört vor allem Lächeln. Berliner Zeitung, 14.09.2006
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